Wildkräuter Fuchsbandwurm & Hundeurin
Gefahren beim Wildkräuter Sammeln

Teil III: Wildkräuter Fuchsbandwurm & Hundeurin

Wildkräuter Fuchsbandwurm & Hundeurin

In Teil I und II unserer Reihe „Gefahren beim Wildkräuter Sammeln“  habt ihr erfahren, welche Gefahren von Schadstoffen aus dem Boden ausgehen können, welche von Pflanzen zum Teil aufgenommen und eingelagert werden. In diesem dritten Teil wollen wir uns mit dem Thema Parasiten beschäftigen. Zu diesem Themenbereich gehört die Angst vor Reineke und seinen Würmern, Hundepipi, sowie ein etwas unbekannter Parasit, der Leberegel. Was man früher über den Übertragungsweg des Fuchsbandwurmes glaubte, wie der heutige Wissensstand dazu ist und wo man besser nicht sammeln sollte, wenn man keinen Egel in seiner Leber haben möchte, erfahrt ihr im folgenden Artikel.

Fuchsbandwurm durch Wildkräuter und Beeren: Eine reale Gefahr?

Wir werden immer wieder gefragt, wie groß die Gefahr ist, sich beim Wildkräutersammeln einen Fuchsbandwurm einzufangen. Viele erinnern sich, dass sie als Kinder keine Beeren aus dem Wald verzehren durften, denn die Großeltern waren sich sicher: der Fuchs hat dort wahrscheinlich drauf gepinkelt und ein paar Fuchsbandwurmeier dagelassen. Viel zu gefährlich, davon zu essen. Nur ein Sammeln oberhalb des Knies wurde geduldet. Doch wie ist das nun, ist da etwas dran?

Was sind Fuchsbandwürmer?

Fuchsbandwürmer (Echinococcus multilocularis) sind Parasiten. Das bedeutet, dass sie sich nur durch “ Ressourcenerwerb mittels eines in der Regel erheblich größeren Organismus einer anderen Art“ ernähren können. Sprich: sie leben in einem anderen Lebewesen und ernähren sich von diesem.

Der Endwirt (also der Wirt, indem sich der Parasit vermehren kann) ist hierbei der Rotfuchs. Doch wie gelangt er in diesen? Nachdem die Wurmeier mit dem Kot ausgeschieden werden, können Zwischenwirte diese Eier aufnehmen. Das tun in diesem Fall verschieden Mäusearten, die in Kontakt mit dem Kot von Füchsen kommen. Die Mäuse werden wiederum von einem Fuchs gefressen: Der Kreis schließt sich. Gelangt der Wurm nun aber in einen Fehlwirt (z.B. den Menschen), kann es diesen stark schwächen. In diesem möchte er auch gar nicht sein, er fühlt sich nun einmal nur seinem heißgeliebten Fuchs pudelwohl. Eine Echinokokkose, so wie die Infektion eines Menschen mit dem Parasiten bezeichnet wird, ist kein Zuckerschlecken. Nicht nur, dass die Inkubationszeit bis zu 10 Jahre betragen kann, auch kann es zu starken Organschäden kommen. Betroffene müssen nicht selten ein Leben lang Medikamente nehmen.

Wie kann sich der Mensch anstecken?

Tatsächlich weiß man immer noch nicht genau, wie der Übertragungsweg des Fuchsbandwurmes genau aussieht. Aus statistischer Sicht gibt es dazu eine Auffälligkeit: man kann drei Risikogruppen benennen: Jäger*innen, Landwirt*innen und Hundebesitzer*innen. Daraus, und weil es noch nicht einen erwiesenen Fall einer Übertragung durch den Verzehr von Beeren oder Kräutern gibt, ziehen viele Mediziner folgenden Schluss: die Übertragung geschieht wahrscheinlich nicht oral, sondern vielmehr über die Atemwege. Zum Beispiel dann, wenn der Bauer oder die Bäuerin über kontaminierten Ackerstaub fährt und diesen einatmet. Oder dann, wenn die Jägerin oder der Jäger dem Fuchs das Fell über die Ohren zieht. Bei den Hundebesitzenden Menschen könnte es jedoch auch sein, dass feuchte Küsse einen Übertragungsweg darstellen. Da macht es also Sinn, den Hund regelmäßig zu entwurmen. Übrigens kann man sich mit dem Fuchsbandwurm nur über den Kot anstecken, Urin ist hierbei kein Übertragungsweg.

Eine Sache der Wahrscheinlichkeit

Die Wahrscheinlichkeit, sich beim Kräutersammeln anzustecken geht also gegen Null. Hier etwas Statistik (mit freundlicher Genehmigung der TU München).

Man muss hierbei Bemerken: es handeln sich hier um deutschlandweite Zahlen. Pro Jahr. 2006 war ein „Rekordjahr“ mit gerade mal 30 gemeldeten Ansteckungen.  Im Vergleich dazu mal folgende Zahlen:

  • 3 177 Verkehrstote pro Jahr
  • 9800 tödliche Unfälle im Haushalt
  • 16 tödlich endende Wespenstiche
  • 8 Tote durch Blitzschlag

Dieser Vergleich soll ein Gefühl der Relation vermitteln: Auch wenn man diese Zahlen kennt, steigen man trotzdem des Öfteren in ein Auto oder  weiterhin auf die Leiter, um die Decke zu streichen.

Regionale Unterschiede

Der Fuchsbandwurm ist nicht überall gleich stark verbreitet. In welchen Regionen kommt häufig Fuchsbandwurm vor? Gibt es den Fuchsbandwurm in Berlin, in Frankfurt und München? Auf dieser Karte sieht man einzelne, detektierte Fälle von einem Fuchsbandwurmbefall bei Füchsen: In Norddeutschland, West- und Mitteldeutschland, Berlin und Brandenburg gab es nur sehr wenige Fälle. Hauptverbreitung schien zum Zeitpunkt der Untersuchungen Baden-Württemberg und Westbayern zu sein.

Andere Parasiten, die durch Wildkräuter übertragen werden könnten

Leberegel

Der Fuchsbandwurm stellt beim Wildkräutersammeln also keine größere Gefahr da. Daneben gibt es jedoch zwei Parasiten, die tatsächlich über Wildpflanzen aufgenommen werden können. Die Rede ist vom großen und dem kleinen Leberegel, welche von manchem unwissenden Sammler von Brunnenkresse aufgenommen wird.

Der Große Leberegel (Fasciola hepatica) hat Wiederkäuer, meist Ziegen und Schafe als Endwirt. Sind diese befallen, scheiden Sie die Eier mit dem Kot aus. Die daraus geschlüpften Larven wiederum suchen sich Wasserschnecken als Zwischenwirt, in welchen Sie sich weiterentwickeln. Daraufhin heften sie sich an wassernahe Pflanzen und werden vom nächsten Wiederkäuer gefressen.

Daneben gibt es noch den kleinen Leberegel (Dicrocoelium dendriticum) , der eine durchaus interessante Strategie anwendet. Auch dieser entwickelt sich zeitweise in Schnecken und wird über infizierte Schleimbällchen an Ameisen weitergegeben. Die Larven „loggen“ sich in das Nervensystem der Ameisen ein und steuern diese zombiegleich auf das obere Ende eines Grashalms – wo er von Wiederkäuern gefressen wird und sich vollends entwickeln kann.

Infektionen kommen bei uns recht selten vor und im Gegensatz zum Fuchsbandwurm wird man Leberegel mithilfe von Medikamenten ganz gut wieder los. Man kann man das Risiko minimieren, indem man keine Wildkräuter (z.B: Brunnnenkresse) auf feuchten Weideflachen und an Gewässerufern sammelt, an denen regelmäßig Wiederkäuer stehen.

Und wie sieht das mit Wildkräutern und Hundeurin aus?

Unsere Großstädte sind aufgrund der vielen, nicht selten strukturreichen Grünflächen ziemlich artenreich. Doch hier sind nicht nur viele Menschen unterwegs, auch einige Vierbeiner (meist in Begleitung ihres Zweibeiners) fühlen sich hier meist pudelwohl. Tatsächlich ist das eines der Themen, das ausnahmslos in jeder unserer Kräuterführungen angesprochen wird, einfach weil es sehr viele Menschen bewegt. Teilweise ist der Ekel und eine diffuse Angst vor den tierischen Ausscheidungen dafür verantwortlich, dass einige Menschen bis dato noch keine Wildkräuter gesammelt haben. In diesem Beitrag möchten wir alle Fakten zusammenfassen: Welche Krankheiten können vom Hund auf den Menschen über den Urin übergehen? Welche Gefahr geht vom Hundeurin aus? Und sollte man es deshalb besser unterlassen, in Parks zu sammeln?

Beginnen wir mit den übertragbaren Krankheiten. Wenn eine Krankheit von einem Tier auf den Menschen „überspringen“ kann, nennt man das eine Zoonose. Hier interessiert uns also, welche Zoonosen der Hund in Deutschland übertragen kann. Wir beziehen uns dabei ausdrücklich nur auf Deutschland, in anderen klimatischen Regionen gelten aufgrund des Klimas, anderer Parasitenreservoirs und hygienischen Standards ganz andere Regeln. Außerdem schauen wir uns nur solche an, die über den Urin übertragen werden können, andere Übertragungswege sollen hier keine Rolle spielen.

Des Menschen bester Freund: Hunde können Krankheiten übertragen – und umgekehrt

Welche Zoonosen gibt es in Deutschland, die durch den Urin des Hundes übertragen werden können?

Zuerst einmal muss man feststellen, dass Urin im Anfangsstadium absolut steril, d.h. frei von Viren, Bakterien oder anderen einzelligen Krankheitserregern ist. Das liegt an der sogenannten Blut-Harn-Schranke. Die sog. Nierenkörperchen bilden ein extrem feines Sieb, durch welches nur Stoffe hindurchschlüpfen können, die kleiner als 4,4 Nanometer sind. Zum Vergleich: das Bakterium E.coli hat an der schmalsten Stelle einen Durchmesser von 1000 Nanometern (nm) und die viel kleineren Viren reichen von 10 nm bis 350 nm.

Wenn es dazu kommt, dass Krankheitserreger nachgewiesen werden können, liegt es daran, dass diese an irgendeiner anderes Stelle, nach der „Anfangsstation Nieren“, in den Urin gelangen. Denn der Weg bis zum nächsten Busch ist noch weit: über die Harnleiter geht es in die Harnblase und von dort aus über die Harnröhre nach draußen. Im Grunde gibt es bei uns nur zwei Krankheiten, die zudem extrem selten sind:

Brucellose

Diese Krankheit von Bakterien der Gattung Brucella ausgelöst. Auch wenn diese Krankheit hauptsächlich Nutzvieh betrifft, können sich Hunde theoretisch anstecken und die Keime über den Urin an die Umwelt abgeben. Diese Krankheit ist jedoch bei Menschen extrem selten, in Österreich wurden 2020 acht Fälle gemeldet. Die Heilungschancen beim Menschen sind sehr gut.

Leptospirose

Auch wenn diese Bakterien hauptsächlich in Tropen und Subtropen vorkommen, gibt es auch bei uns stabile Reservoirs. Dem RKI werden jedes Jahr zwischen 37 und 166 Fälle vermittelt, was zwar als sehr selten einzustufen ist, die Dunkelziffer jedoch weitaus höher sein dürfte. Fast alle Haus- und Nutztiere können erkranken und die Bakterien an uns Menschen weitergeben, wobei davon ausgegangen wird, dass Kleinsäuger wie Mäuse und Ratten bei uns in freier Natur die stärksten Ausscheider sind. Die Übertragung findet meist durch indirekten Kontakt (oft über Gewässer) mit dem Urin kranker Tiere statt. Dabei kommen Leptospiren über kleinere Hautverletzungen und über die Schleimhaut in den Körper. Übertragungen von Hund auf Pflanzen und von dort in dem Menschen sind bis jetzt noch nicht beobachtet worden, wären theoretisch aber möglich.

Fazit Wildkräuter Fuchsbandwurm & Hundeurin

Bis jetzt gibt es keinen nachgewiesenen Fall, dass das Sammeln von Beeren, Pilzen oder Wildkräutern zu einer Ansteckung mit dem Fuchsbandwurm geführt hat. Hundehalter und Jäger gehören da aus den oben genannten Gründen viel eher zu den gefährdeten Gruppen als Kräutersammler. Wer sich aber dennoch unwohl fühlt, kann die Kräuter und Beeren gründlich waschen oder besser noch: abkochen. Übrigens: wenn man es genau nimmt, dürfte man auch keinen Salat und keine Zucchini vom Markt verzehren. Der Fuchs (sowie viele andere Tiere auch) lässt sich nicht davor abschrecken, sich auf dem frisch bestellten Gemüseacker zu entledigen.

Viele haben ihre gesamte Kindheit auf die süßen, schmackhaften Waldbeeren verzichtet. Verzeihen wir unseren Großeltern – man wusste es damals eben nicht besser. Wer weiß, was unsere Enkel uns irgendwann (vielleicht zu recht) vorhalten werden. Auf feuchten Weideflächen sollte man es hingegen besser unterlassen, zu sammeln, vor allem wenn dort Wiederkäuer stehen, da man sich dort mit den Leberegel-Arten anstecken könnte.